Honig für Veganer?

Immer wieder kommt es zu heftigen Debatten in Veganer-Foren: Ist Honig vegan?

Veganer möchten leben ohne Tiere oder ihre Produkte zu nutzen - daher sind weder Woll- noch Lederbekleidung Usus und man findet weder Milch noch Butter auf dem Tisch.
Unter dieser Betrachtung ist Honig natürlich nicht vegan - man entnimmt den Honig wie man die Milch der Kuh abnimmt; es handelt sich um ein tierisches Produkt so daß die Debatte hier ein Ende finden sollte...dennoch geht die Debatte weiter wenn man anfängt das ethisch-moralische Gerüst dieser Lebensweise heranzuziehen und damit den Verzicht versucht zu begründen.

So versuchen manche Websites konsequent, die Imkerei grundsätzlich auf den Level einer "Massentierhaltung" zu heben.

Ähnlich wie Käfighühner in Legebatterien oder die gruseligen Schweinemastbetriebe würden die Bienen geschunden werden um Honig zu liefern. Dabei wird das Produkt "Honig" selbst noch mit möglichst diffamierenden Begriffen ("Bienenspucke") belegt und als ungesund und anwidernd charakterisiert - neben nachweislich falschen Angaben werden andere Aspekte wie die sehr seltene Belastung von Honig durch Clostridium (siehe auch unter Umweltbelastungen im Honig) zu allgemeingültigen Lebensmittelrisiken hochstilisiert.

Leider differenzieren diese Websites auch nicht feiner zwischen den verschiedenen Betriebsweisen und Imkern und picken sich bewußt nur die Punkte raus, die ihren Standpunkt bestätigen.

Ich persönlich sehe jedoch einen großen Unterschied zwischen einem Hühnerhalter, der für ein paar Eier 6 Hennen im Garten rumlaufen läßt und einem, der mal so eben 6000 davon in einer dämmerigen Halle in nur 3 Monaten schlachtreif mästet.

Welche Argumente haben Veganer gegen Honig?

Folgende, kursiv gesetzte Argumente wurden auf der (inzwischen überarbeiteten und entschärften) Website http://www.vegane-beratung.com/Honig.html gefunden und werden hier aus imkerfachlicher Sicht kommentiert:

Das stereotype Bild von einem Imker als Person mit ein paar Bienenstöcken im Garten hinter dem Haus ist weit von der Realität entfernt.

Nein, ist es nicht - unsere paar Bienenstöcke stehen wirklich genau hinter dem Haus und der von uns verkaufte Honig kommt genau aus diesen! Bei dem Discounter-Honig aus Chna mag das anders sein und wer diesen kauft kann tatsächlich eine ganz andere Realität damit bezahlen...

Es sei keine "Symbiose oder ein freundschaftliches Zusammenleben" von dem Bienen und Menschen profitieren würden, sondern sei "Ausbeutung". Das Füttern einer Zuckerlösung stelle keinen Ersatz für die "profitorientierte Züchtung und Versklavung von Lebewesen dar." Zudem würden die Bienen "kein selbstbestimmtes Leben" führen.

Nein, das ist eine grobe Vereinfachung - die Bienen erhalten weit mehr als nur "ein bisschen Zuckerwasser".
Sie erhalten:

- ein warmes, regendichtes Quartier (eine Menge wert in Zeiten wo hohle Bäume nicht mehr stehen bleiben dürfen)
- Schutz für Räubern jeder Art (rund 3/4 der wilden Schwärme überleben übrigens den ersten Winter nicht...)
- Betreuung (die Varroa-Milbe macht auch vor wilden Völkern nicht Halt die in der Regel maximal drei Jahre überleben - ohne Imker hätten wir hierzulande vermutlich kaum noch Honigbienen mehr...eine bessere Lösung?)

Das "Zuckerwasser" ist ein vom Imker zu kaufender Sirup aus Frucht- und Traubenzucker und wird als Ersatz für den entnommenen Honig gegeben - Imker müssen also den Honig bei ihren Bienen bezahlen; die restlichen Leistungen gibt es sozusagen oben drauf - da profitieren also beide Seiten voneinander!

Und "bestimmen" kann kein Imker über die Biene...davon können die Imker ein Lied singen wenn mal wieder ein Schwarm abhebt oder die Bienen einfach nicht in den Honigraum "wollen"...

Übrigens ist der Einsatz von Rauch kein "Ausräuchern" von Bienenvölkern, sondern dient vornehmlich ihrem Schutz beim Bearbeiten der Stöcke. Da dabei schwere Waben und Elemente des Bienennestes bewegt werden (eine Honigwabe kann locker über 1 kg wiegen) besteht die Gefahr, dass beim Zusammenbau Bienen gedrückt oder zerquetscht werden. Wird vorher Rauch gegeben, weichen die Bienen zurück in die Wabengassen, wo sie beim Zusammenbau sicher sind.

Unter dem Titel "Züchtung und Tiermord" wird moniert daß der Königin "zur besseren Kontrolle des Schwarms" die Flügel der Königin "gestutzt" würden und daß diese "in der Regel nach bereits 2 Jahren durch eine neue Königin ersetzt (und getötet)" würde.

Nicht bei uns - unsere Königinnen behalten natürlich ihre Flügel weil Flügelstutzen auch keine Lösung ist.
Wenn das Volk nicht mit der alten Königin schwärmen kann dann schwärmt es eine Woche später mit der erstgeschlüpften Nachfolgerin. Daher schwärmen unsere alten Damen oft auf und manchmal auch davon; mit etwas Glück und genug Platz zur rechten Zeit bleiben sie aber bei uns und zwar so lange bis die Bienen sie selber austauschen - das wissen die nämlich am besten wann es Zeit zum Abdanken ist.
Es ist aber tatsächlich so daß manche Imker diese Methode anwenden; strenge Bio-Richtlinien (z.B. Demeter) verbieten aber dieses Vorgehen.

Unter "Tierleid bzw. Gewalt durch Menschen" wird beklagt daß Imker Bienenpopulationen "nach Belieben" aufteilen würden und "Teile der Populationen oder sogar ganze Populationen im Winter sterben" lassen würden.

Das Teilen von Völkern ist möglich und allgemeiner imkerlicher Usus - so wie Völker es natürlicherweise auch machen; eben durch schwärmen. Dieses Teilen erfolgt genauswenig nach "Belieben" wie die Schwarmentscheidung im Volk - nur starke Völker schwärmen/ bzw. lassen sich erfolgreich teilen. Aber "sterben lassen" tut kein Imker seine Bienen einfach mal so eben - im Gegenteil: Durch sein Handeln gegen die Varroa-Milbe trägt er dazu bei daß die Völker überhaupt eine Chance zum Überwintern haben.
Durch die imkerliche Aufmerksamkeit kommen Spritzmittelskandale wie 2008 im Rheinland überhaupt an die Öffentlichkeit (damals starben Tausende Bienenvölker infolge Abriebs von Saatgutbeizmittel bei der maschinellen Aussaat...ohne Imker hätten es "nur" die Hummeln, Wildbienen und Schmetterlinge erwischt was ja eh keiner merkt...).
Durch Imker, die jahrelang vor Gericht ziehen, werden Industriekonzernen Schranken gesetzt (wie 2011 durch das GVO-Urteil durch den Imker Bablok).

Schließlich haben wir Imker daran Interesse auch nächstes Jahr Bienen zu haben und freuen uns wenn sie nach der langen Winterzeit wieder aus dem Flugloch quellen...und wenn nicht, dann fragt sich der Imker zunächst selbst: "Was habe ich falsch gemacht?"

Weiterhin wird behauptet, daß "Frei fliegende Bienenpopulationen [...] die Verdrängung vieler anderer Insekten" bedeute, "die als natürliche Bestäuber" agierten. Allerdings seien widerum "Eingesperrte Bienenpopulationen [...] eine Qual für die Bienen" da diese "ihren natürlichen Bedürfnissen so nicht nachgehen" könnten.

Offenbar sind weder "frei fliegende" noch "eingesperrte" Bienen für den Autoren akzeptabel - aber abgesehen davon gibt es für das Argument der "Verdrängung" bis heute keinen wissenschaftlichen Beleg.

Freifliegende Bienen sammeln vor allem an Massentrachten wie der Heide - Bild:Melanie von Orlow

Bienen sind Massentrachtsammler die sich auf Rapsfeldern und Lindenalleen wohl fühlen. Kleine "Läppertrachten" lassen sie aber während der Massentrachten weitgehend "links liegen" - aber diese sind es auf die die solitären Bienen und Hummeln fliegen. Diese Arten brauchen weit weniger Nektar und fliegen dabei oft auch Arten an, die Bienen gar nicht besuchen können. Hummeln haben z.B. sehr lange Zungen mit denen sie Rotklee erfolgreich abernten können - Bienen dahingegen nicht. Hummeln können bestimmte Mechanismen auslösen und Blüten öffnen wie z.B. Salbei und Löwenmäulchen an denen sich Bienen vergeblich abmühen.
Honigbienen sind im Übrigen hierzulande kein eingeführter Neubürger, sondern leben hier bereits seit Tausenden von Jahren auch zusammen mit Hummeln und anderen Blütenbestäubern - ihnen plötzlich "Konkurrenz" vorzuwerfen ist ein sehr menschlicher Gedankenzug...so wie plötzlich Komorane oder Wölfe "Konkurrenten" für Angler, Jäger und "einheimische Räuber" werden...

Zudem wohnen die Bienen in den Kästen nur - sie sind dort genaus wenig eingesperrt wie die Maus in ihrem Mauseloch. Sie fliegen frei aus und können sich jederzeit ein neues Quartier suchen - ein Spektakel, das man tatsächlich jedes Frühjahr erleben kann. Man nennt das "Schwärmen", eines der Wunder dieser Erde...

Mit dem Argument "Jedes Leben zählt" wird auf "gesündere, pflanzliche Alternativen" verwiesen.

Aber Pflanzen sind ja bekanntlich kein Leben?

 

Fazit: Wer sich strikt vegan ernähren will - egal aus welchem Grund - darf Honig genauso wenig essen wie Milch trinken.

 

Die angeführten "moralischen" Argumente für diese Ernährung in Bezug auf Honig entbehren jedoch jedem Sachverstand und dem Versuch, die Verfehlungen der Massentierhaltung konsequent auf die Imker umzumünzen.

Gerade in Deutschland , wo über 90% der Imkereien Hobbyformat von oft unter 10 Völkern haben, sind diese Argumente nicht stichhaltig - Imkerei ist hierzulande als "Massentierhaltung" auch gar nicht zu betreiben, sondern eine sehr mühsame und körperlich anstrengende Arbeit, dessen Produkte gegen Discounterhonig für unter 3€ das Glas konkurrieren sollen.

Es ist daher kein Wunder, daß es nur so wenige Erwerbsimkereien gibt. Wenn Ihnen bestimmt Punkte wie z.B. unbeschnittene Königinnenflügel wichtig sind, dann fragen Sie doch einfach mal ihren Imker beim Honigkauf oder kaufen Sie nur Honige aus regionaler Produktion mit Bioanbauverbandssiegel (Demeter u.a.)

Übrigens sind "gesunde, pflanzliche Alternativen" wie selbst-gekochter "Löwenzahn-Honig" Verbrauchertäuschung - nur das Produkt der Honigbiene darf "Honig" genannt werden und ein stundenlang eingekochter Saft des Löwenzahns ist aus energetisch-ökologischer Sicht wie auch unter Betrachtung der Nährwerte keinesfalls "besser" oder gar "gesünder" als Honig.

Generell sollten Fleisch und Süßungsmittel - Honig eingeschlossen - nur gelegentlich und in Maßen Platz in der menschlichen Ernährung finden.

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