Ein Bienenjahr aus Imkerinnensicht

Januar: Um diese Zeit ist beginnt die wichtige "Hintergrundarbeit": Das Bienenhaus wird überprüft, Rähmchen gezählt, Honigräume durchgeschaut. Ist alles da? Funktioniert alles? Hat man ausreichend Material für die kommende Saison? Bei den Bienen ist noch "scheinbar" Ruhe - doch kann man am Kondenswasser auf den Abdeckfolien unter den Deckeln erkennen, daß die Bienen die Stocktemperatur steigern. Sie brauchen es jetzt wärmer denn die Königin hat schon wieder angefangen, ein kleines Brutnest anzulegen.

Von außen noch alles ruhig aber innen schon ein handtellergrosses Brutnest - Bild: Melanie von Orlow
Von außen noch alles ruhig aber innen schon ein handtellergrosses Brutnest - Bild: Melanie von Orlow

Februar: Die Unruhe im Bienenstock steigt - ab und an wenn die Sonne mal kräftiger scheint und die Temperaturen doch mal etwas in die Höhe klettern kann man mal eine Biene Sonne schnuppern sehen. Aber nur sehr selten setzt jetzt schon Flugbetrieb ein denn in der Regel ist es noch zu kalt dafür. Die Nervösität der Imker steigt auch - mit dem Stethoskop lauscht man an den Beuten und lauert auf das wohlig tiefe Brummen des Volkes was zeigt: alles o.k., wir haben es bis jetzt überstanden!

Reinigungsflug für wenige Minuten - Bild: Melanie von Orlow
Reinigungsflug für wenige Minuten - Bild: Melanie von Orlow

März: Ende Februar bis Mitte März hat die Sonne genug Kraft und dann kann es auch unter 10°C bei entsprechend Sonnenschein Bienenflug geben - und zwar richtig satt. Denn spätestens jetzt finden die Reinigungsflüge statt. Die Bienen, die geduldig monatelang im Stock Dienst hatten haben sich bisher jeden Toilettengang verkniffen. Das wird jetzt nachgeholt und schon bald zeigt sich die Umgebung - insbesondere der weiße Schnee sofern vorhanden - mit gelben Spritzern besprenkelt. Die Bienen scheinen diese ersten Ausflüge besonders zu genießen, man kann sie fast trunken an sonnigen, oft dunklen und damit warmen Flächen sitzen sehen wo sie den Frühlingsauftakt begrüßen.

Bei gutem Wetter kann man jetzt auch schon mal den ersten Blick in das Volk werfen und prüfen wie es da ausschaut - ist die Königin da? Hat das Volk genug Futter? Viele Bienenvölker verhungern nicht im Winter, sondern im Vorfrühling. Dann brütet das Volk bereits sehr stark; lebt dabei aber vollkommen aus der Pollen- und Winterfutterreserve denn die Vegetation ist noch nicht so weit. Um diese Zeit werden auch die Schiede gesetzt, die in den grossformatigen DN 1,5er-Beuten zum Einsatz kommen. Sie begrenzen das nun rapide wachsende Brutnest auf wenige Waben und lenken so bei Trachtbeginn den Nektarfluss in die Honigräume um. Die Schiede sind umlaufbar so dass die Bienen Pollen und Winterfutter weiterhin erreichen können. Ausserdem werden die ersten Schwarten entnommen - die alten, dunklen Waben sind jetzt noch leer und damit ideal zum Einschmelzen.

Frühjahrsputz in der Beute - Bild: Melanie von Orlow
Frühjahrsputz in der Beute - Bild: Melanie von Orlow

April: Spätestens jetzt werden die ersten Honigräume gegeben, denn die Tracht setzt ein. Die niedrigen Honigräume im DN 0.5 Maß haben in der ersten Zarge noch ausgebaute Rähmchen aber spätestens die zweite wird nur mit Anfangsstreifen versehen so dass die Bienen viel bauen können und müssen. Zuerst erblühen die Weiden am Tegeler See, die wertvollen Pollen liefern. Ebenso erscheinen Krokusse und andere Frühjahszwiebeln und liefern ersten Nektar. Jedoch wird in der Regel noch kein Nektar im Honigraum eingetragen. Die Bienen wandern zwar darin herum doch noch ist der Verbrauch im Volk größer als der Eintrag von draußen. Dennoch werden jetzt bereits wichtige Weichen gestellt. Das Volk beginnt mit der Entscheidungsfindung ob es dieses Jahr ans Schwärmen gehen soll. Tracht, Wetterverlauf aber auch Volksstärke, verfügbarer Platz wie auch die Qualität der Königin entscheiden über die Vermehrung des Bienenvolkes. Alle Völker beginnen mit der Anzucht einer dritten, bisher nicht im Volk vertretenen Kaste - den Männchen (Drohnen). Bis zum Sommer können einige Tausend dieser großen Bienen herangezogen werden. Schwarmtriebige Bienen bauen nun "Spielnäpfchen", kleine nach unten geöffnete Wachszellen, die schließlich von der Königin mit Eiern bestückt werden. Damit beginnt die Anzucht junger Königinnen (Weiseln).

Baurahmen im Bau - Bild: Melanie von Orlow
Baurahmen im Bau - Bild: Melanie von Orlow

Mai: Der Mai ist der "Wonnemonat" für die Bienen sofern ein Kälteeinbruch nicht alles "verhagelt" - Blütenpracht in allen Gärten. Schlag auf Schlag beginnt die nektarreiche Obstblüte (insbesondere Kirsche und Apfel) und eine starke Sammlerschar bringt nun reichlich Nektar in die Honigräume. Für uns ist das eine arbeitsintensive Zeit, denn es gilt, die Schwarmfreude der Völker zu zähmen. Neben der Belästigung der Nachbarschaft durch Schwärme ist es vor allem die Sorge um die abziehenden Schwärme, die uns dazu treibt. Viele Schwärme, die in Schornsteine oder Rollokästen einziehen werden dort abgetötet - das wollen wir unseren Völkern ersparen. Zudem sollen die Bienenvölker stark bleiben um entsprechend Honig liefern zu können. Das Verhindern von Schwärmen ist jedoch nicht einfach - man kann dazu das Volk nur teilen. Die Kunst dabei ist es jedoch,Schwarmfreude von stiller Umweiselung zu unterscheiden - denn manches Bienenvolk möchte auch nur die alte Königin aus irgendeinem Grund ersetzen. Das sollte man sie tun lassen denn die Bienen wissen es in der Regel am besten wie man eine Königin bewertet.

Dennoch wird ab Mitte Mai das Telefon klingeln - Bienenschwarmmeldungen und wenn man Glück hat sind es eben nicht die eigenen. Dann kann man ganze Bienenvölker aus den Bäumen pflücken sofern sie sich erreichbar aufgehängt haben. Solche Schwärme sind eine wahre Freude - sie bauen mit Feuereifer Waben aus.Die Bienenkönigin erreicht ihre höchste Legeleistung mit bis zu 2000 Eiern pro Tag.

Schwarm am Deckel der Fangkiste - Bild: Melanie von Orlow
Schwarm am Deckel der Fangkiste - Bild: Melanie von Orlow

Juni: In diesem Monat fällt die erste Ernte - die Schleuderung der Frühtracht. Die Honigräume sind dann voll und die Waben weitgehend verdeckelt. So ein Honigraum im Segeberger-Format kann trotz des leichten Zargenmaterials an die 30 kg Gewicht haben - im unhandlichen 50x50cm Format. Daher nutzen wir DN 0,5 - dann wiegt der Honigraum handliche 14 kg. Jede Wabe wird per Hand entdeckelt und in die Schleuder gestellt die das Schleudern dann mit Motorkraft übernimmt. Die abgeschleuderten Honigräume werden gleich wieder aufgesetzt denn es schließt die die Zeit der Baumblüten an. Die Robinie öffnet ihre weißen Blütentrauben und lädt zum Massenbesuch ein. Daran schließt sich die Linde an. Noch bis Ende des Monats ist jedoch mit Schwärmen zu rechnen. Mit der Sonnenwende Ende Juni endet im Imkerkalender das Bienenjahr und das neue beginnt. Denn die Bienenmasse nimmt nun wieder ab.

Schleuderreife Wabe im DN 0,5-Format - Bild:Melanie von Orlow
Schleuderreife Wabe im DN 0,5-Format - Bild:Melanie von Orlow

Juli: Mit den letzten Lindensorten endet allmählich schon die Zeit der Ernte. Bis Ende des Monats ist die letzte Ernte eingeholt und die Stimmung im Bienenvolk kippt - denn der einsetzende Mangel in der Natur und das Ernten des Honigs läßt die Bienen "meckrig" werden - wie sollen sie über den Winter kommen wenn die Vorräte fehlen? Die Bienen fangen an, Nachbarvölker zu inspizieren - gibt es dort etwas zu holen? Schon eine angerissene Futterwabe kann Räuberei auslösen: Dann fallen die Bienenvölker übereinander her und versuchen einander die klammen Vorräte zu stehlen. Dann können schon mal schwache Völker regelrecht überrannt werden - das Ergebnis ist eine leere Beute voller toter Bienen und leergefressene Waben.

In der Zwischenzeit muß der geerntete Honig bearbeitet werden - nach dem Sieben und Abschäumen wird er gerührt denn viele Honige kristallisieren recht schnell. Durch das täglich Rühren wird der Honig zartcremig und kann dann problemlos aus dem Glas genommen werden. Das Rühren wird - wie vieles in der Imkere - ganz mit der Hand vorgenommen; ebenso das Abfüllen in kleinere Gebinde und das Etikettieren der Gläser.

Honigernte - Bild: Melanie von Orlow
Honigernte - Bild: Melanie von Orlow

 

August: Nun wird "zurückgezahlt": Die Bienen werden mit Futter versorgt sofern die eigenen Vorräte nicht mehr sicher reichen. Und zwar mit Bienenfutter - einem Zuckersirup, bestehend aus Glucose und Frucktose. Der klare Sirup wird von den Bienen begierig aufgenommen - in 3 Tagen können locker 7 kg verzehrt werden doch 14 bis 21 kg werden insgesamt eingefüttert. Der Sirup wird von den Bienen in leere Waben im Brutraum eingelagert und wie Nektar eingedickt und mit einer Wachsschicht verdeckelt. Da das Brutnest schrumpft haben sie ausreichend Platz für Pollen und Futtervorräte.

Außerdem müssen die Bienen gegen einen unerwünschten Untermieter behandelt werden - die Varroamilbe. Diese Milbe hat sich die ganze Zeit über in der Brut der Bienen mit entwickelt und erreicht etwas verzögert ihr Bestandsmaximum. Dann schädigt ihre Vermehrung die Bienenbrut, was sich an defekten Flügeln frisch geschlüpfter Arbeiterinnen erkennen läßt. Mit dem Verdampfen von Ameisensäure werden die Milben in den Brutzellen geschädigt; die Bienen überstehen das ganze dahingegen recht gut. Natürlich kann diese Behandlung erst erfolgen, wenn die Honigräume abgenommen sind denn jetzt ist Schluß mit der Honigernte und die Honigwaben sollen mit diesen Mitteln nicht in Kontakt kommen. Alternative Methoden wie die Behandlung mit Milchsäure nach einer Brutpause werden ebenfalls erprobt.

Ende der Brutpause - Bild: Melanie von Orlow
Ende der Brutpause - Bild: Melanie von Orlow

September: Im September wird die Varroabehandlung wiederholt denn in diesem Monat kommt es oft zur sogenannten Reinvasion: Bienen aus stark Varroa-belasteten Völkern verfliegen sich und betteln sich bei den eigenen Völkern ein - im Gepäck tragen sie reichlich neue Milben mit ein. Außerdem werden Völker vereinigt oder Königinnen ausgetauscht - denn so manche hat sich im Sommer als Prduzentin unerfreulicher Stecher gezeigt.In dieser Zeit werden die ersten "Winterbienen" erzeugt, die dann den Winter über und damit viele Wochen länger als die normalen "Sommerbienen" leben werden.

Seltenes Bild für Kenner - Mutter- und Tochterkönigin auf einer Wabe bei einer stillen Umweiselung. Bild: Melanie von Orlow
Seltenes Bild für Kenner - Mutter- und Tochterkönigin auf einer Wabe bei einer stillen Umweiselung. Bild: Melanie von Orlow

 

Oktober: Nun ist langsam Ruhe am Bienenvolk. Zwar ist noch reger Flugbetrieb doch dieZeit der Durchsichten ist allmählich zu Ende. Die Völker richten sich ihren Wintersitz ein und verkitten dementsprechend die Bienenbeute. Sie verwenden dazu Baumharze, das sogenannte Propolis. Es wird schwer, dann noch Waben ziehen zu können also läßt man es ganz. Allmählich Zeit, mit dem Aufräumen zu beginnen - die Grundreinigung der Honigschleuder, das Richten der Rähmchen, Ersetzen des Materials, Putzen des Bienenhauses...

Anfang Oktober ist die letzte Chance zum Füttern - wenn der Herbst "golden" ist - Bild: Melanie von Orlow
Anfang Oktober ist die letzte Chance zum Füttern - wenn der Herbst "golden" ist - Bild: Melanie von Orlow

November: Nur noch selten erscheinen Bienen am Flugloch. Die Fluglöcher werden mit Mäusegittern versehen, die Mäuse draußen halten - denn die Bienen ziehen sich bei den kühler werdenden Temperaturen zusammen und bilden eine enge Kugel auf dem Wabenbau.So können sie aber das Flugloch nicht bewachen und Mäuse lieben die warmen Bienenbehausungen - also Gitter davor, dann haben die Bienen mehr Ruhe. Extra eingepackt werden die Bienen aber nicht - sie heizen ganz von alleine und das dicke Styropor dämmt das Bienenheim ausreichend.

Mäusegitter schützen vor unliebsamen Besuchern - Bild: Melanie von Orlow
Mäusegitter schützen vor unliebsamen Besuchern - Bild: Melanie von Orlow

Dezember: Die Bienentraube ist jetzt eng zusammengezogen und wandert langsam über die Gassen. Dabei wird das Winterfutter verzehrt und verheizt. Dennoch fallen ständig Bienen der Kälte zum Opfer. Am Ende des Winters werden Tausende von ihnen tot auf dem Gitterboden liegen. Doch der Verlust ist einkalkuliert - von den 8 bis 10.000 Bienen werden um die 5000 aus dem Winter kommen und das Volk neu aufbauen. In dieser Zeit stellt die Königin die Brut vollkommen aus und das Volk hat keine einzige Larve mehr - der Verlust der Königin wäre um diese Zeit das Ende des Volkes denn es kann keine neue herangezogen werden. Dennoch müssen sie noch einmal gestört werden: Mitte bis Ende Dezember wird eine Träufelbehandlung mit Oxalsäure gemacht. Denn alle Milben sitzen nun auf den Bienen, die dicht zusammenlagern. Ideal um sie mit einer Oxalsäurebehandlung so zu schädigen, daß sie herabfallen und zugrunde gehen. Damit wird die Milbenlast weiter reduziert denn auch die Milbe kann sich im Winter nicht vermehren. Unser Jahr ist zu Ende und das nächste steht in den Startlöchern...

Schmuckbeute im Winter - Bild: Melanie von Orlow
Schmuckbeute im Winter - Bild: Melanie von Orlow

 

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