In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass sich eine weitere Front durch die Gesellschaft zieht....kurioserweise vornehmlich von Leuten aufgezogen, die von dem Thema eigentlich kaum Ahnung haben: Wildbienen versus Honigbienen!
Viele dieser "Initiativen" und Vereine bestehen erst seit wenigen Jahren und haben noch nicht viel auf ihrer Erfolgsliste: Eine Initiative in Berlin rühmt sich mit "der Rettung" einer großen Wildbienenkolonie vor Baumaßnahmen (obwohl es die Auflagen in der artenschutzrechtlichen Befreiung waren an der unter anderem ich fachlich mitgewirkt habe und zwar bevor sich diese Initiative bei mir meldete).
Die Personen dahinter offenbaren ihren oft sehr bunten Werdegang (kurioserweise dann auch im imkerlichen Umfeld, dass sie nun so vehement angreifen), bei dem munter zwischen Themenfeldern gewechselt wird wie so manchmal in der Politik. Kaum einer der offenbar orientierungslos nach Themen greifenden Personen hat einen biologisch-fachlichen Hintergrund oder ihn sich erkennbar durch ausreichende Praxis erworben.
Anstatt nun mal praktisch anzupacken und einfach mal mit zu machen (z.B. freut sich die FG Hymenopterenschutz des NABU immer über Mitmacher, die vor Ort beraten und Hummeln & Co. umsiedeln) wird da vornehmlich gebloggt und man sucht ein Profilierungsthema wie "die Imker". Denn Imkern wird zunehmend Mainstream, immer mehr Leute halten Honigbienen.
Mehr - viel - zu viel!
Nach dieser simplen Logik wird dann auf die Wildbienen geschlossen, die der wachsenden Masse an Honigbienen ausgeliefert seien.
Dass es Imker/Imkerinnen geben kann, die Wild- und Honigbienen gleichermassen schätzen und schützen, kommt in dieser zwanghaft nach Konflikt und Verschwörung suchenden Ideologie nicht vor.
Dass die Studienlage zu dem Thema extrem dünn ist und eine tatsächliche Konkurrenz nur in bestimmten Trachtsituationen für einen begrenzten Zeitraum an bestimmten Orten gezeigt wurde - geschenkt!
Dass Honigbienen und Wildbienen seit Jahrmillionen neben- und miteinander her gediehen sind und weiterhin gedeihen können - einfach mal unter den Tisch gekehrt.
Analog zu radikalen Carnica-Verfechtern in der Imkerschaft wünscht man wohl "befreite" Zonen - nur auch ohne Carnica-Honigbienen, sondern gänzlich ohne Honigbienen.
Dabei genügt schon die Fahrt aufs Land - in vielen Gebieten MeckPoms ist der Traum der radikalen Wildbienenschützer durchaus Realität: Keine Imker und keine Honigbienen weit und breit. Allerdings auch kaum Solitärbienen oder Hummeln. Und nichts, um dass diese Arten "konkurrieren" könnten.
Manchmal frage ich mich nicht, ob die Bauern-Lobby diese Initiativen stützt um noch mehr Verwirrung in die Reihen der Imker zu bringen und weiterhin erfolgreich vom Kernthema abzulenken: Dem Umbau der Landschaft und der Verarmung derselben.
"Mehr Blüten für alle" sollte das Motto heissen und nach diesem Credo funktioniert das Zusammenleben der verschiedenen Arten schon sehr lange - erst wenn die Blüten knapp werden, treiben wir die Bestäubergemeinschaft in den Existenzkampf. Anstatt da nun zu selektieren, wer denn die wenigen Blüten haben soll, sollte man sich lieber an dem öffentlichen Imkereiinteresse freuen - denn diese öffnen den Blick für die Bestäubergemeinschaft und das Pflanzenangebot und solchermaßen sensibilisierte Leute werden auch zunehmend dafür kämpfen.
Der Beschluss im Berliner Abgeordnetenhaus, eine "Strategie zum Schutz der Bienen und anderen Bestäuber" entwickeln zu lassen, ist wegweisend und vorausschauend für eine Metropole...und letztendlich Verdienst der vielen Imker und Imkerinnen, die sich auch politisch für das Thema einsetzen. Und wenn darin gleich grundlegende Probleme in der Berliner Imkerschaft wie ein verbessertes Vorgehen gegen Bienenseuchen angegangen werden, so ist das nicht nur recht und billig, sondern auch ein klares Statement: Bienenschutz geht alle an und zwar egal, welche Bienen und egal, in welchem Verhältnis er zu ihnen steht.
Doch auch die Strategie wird an den Kernthemen nicht rühren können - weder wird sie die wildbienenbewohnten Brachen vor dem Wohnungsneubau schützen noch Landwirte am Beackern der letzten wilden Ecken hindern können. Doch wenn sie schon mehr Leute dazu bringt, sich vom Einheitsrasen zu verabschieden oder nicht gleich aufzuschreien, wenn Parks und Gehwege "verwildern", hat sie schon einen Erfolg für sich zu verbuchen!
Also weniger bloggen und Verschwörungen "der Imker" mutmaßen - mehr mitmachen bitte schön!
Und in diesem Sinne fahre ich nun los....weiteres Hornissennest umsiedeln und damit vor dem Abtöten retten...gibt ein gutes Gefühl, auch mal ausprobieren!
P.S. Wer übrigens bei der Entwicklung der Strategie mitwirken will, sollte bei der Umfrage mitmachen: https://www.imkerverein-reinickendorf-mitte.de/Berliner-Bienenstrategie…